Jugendverband mit alternativen Ideen

Mannheims Pfadfinderbund feierte seinen 30. Geburtstag - Praktische Arbeit fördern

 

"Eigentlich ungeheuerlich, dass ein so kleiner Verband wie wir neben so großen, wie z.B. dem DGB in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert." Mit "wir" meinte Martin Konnerth, langjähriger Pfadfinder, den Pfadfinderbund Mannheim e.V., der im Jahr 1949 als einer der ersten Jugendverbände von den Amerikanern wieder zugelassen wurde. Nun, 30 Jahre später, am 13. Oktober hatten die Pfadfinder zur offiziellen Geburtstagsfeier eingeladen. Im großen Kreissaal im Forum der Jugend wimmelte es von blaubehemdeten Mädchen und Jungen. Die Eltern waren so zahlreich erschienen, dass die Stühle nicht mehr ausreichten. Auch die Prominenz aus Gemeinderat und Stadtverwaltung fehlte nicht. Und sie bekamen einiges zu sehen und vor allem zu hören von dem, wie die Pfadfinder ihre Freizeit gestalten. In der Hauptsache wohl singen und musizieren, wie es schien, denn der Abend war gekennzeichnet von Liedvorträgen und Instrumentalmusik.

Der Begrüßung von Michael Fritz, dem ersten Vorsitzenden der Pfadfinder folgte das Grußwort der Stadt durch Jugendamtsdirektor Rudolf Petereit, der die Arbeit des Verbandes, der auch im Stadtjugendring vertreten ist, würdigte. Albert Christ überbrachte die herzlichen Geburtstagsglückwünsche der sozialdemokratischen Gemeinderatsfraktion und übergab ein kleines Geldgeschenk als kleine Unterstützung für eine weiterhiner folgreiche Jugendarbeit. CDU-Gemeinderat Heinrich Kirsch wollte sich da auch nicht lumpen lassen und versprach, dass seine Partei in nächster Zeit auch etwas auf das Konto der Pfadfinder überweisen werde. Da die Mittel der relativ kleinen FDP-Stadtratsfraktion relativ beschränkt seien, meinte Bernd-Rüdiger Paul, würde sich die Unterstützung seiner Partei mehr auf den ideellen Bereich erstrecken.

Nach einigen Liedvorträgen gab dann Martin Konnerth, der bei den Pfadfindern für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, einen kurzen Abriss über die Arbeit des Mannheimer Verbandes. Unter der Devise, dass "Jugendarbeit von Jugendlichen betrieben werden soll und nicht von alten Herren" bezeichnete er die Pfadfinder als den Verband in der Jugendarbeit, der mit bescheidenen Mitteln Alternativen bietet. Drei Jahre nach der Gründung der autonomen Pfadfinderschaft Mannheims im Jahr 1949 schloss man sich 1952 dem ebenfalls wiedergegründeten Deutschem Pfadfinderbund an. "Mit dem Fahrrad auf Fahrt", das sei ein Kennzeichen Arbeit in den fünfziger Jahren gewesen. Der kontinuierliche Aufbau sei etwas erschüttert worden durch die politischen sechziger Jahre, die auch nicht spurlos an den Pfadfindern vorbeigegangen sind. Damals wurde durch ein Übermaß an Theorie die praktische Arbeit vernachlässigt. Im Jahre 1974 trennte sich die Mannheimer Pfadfinderschaft aus verschiedenen Gründen wieder vom Deutschen Pfadfinderbund und tritt seitdem als eigener Verband auf.

Konnerth stellt heute bei Kindern und Jugendlichen eine Vereinsamung und ausgeprägte Konsumhaltung fest. Das Schulversagen muss umgedeutet werden in "Versagen der Schule". Mit einem Modellversuch wollen die Pfadfinder nun eine Alternative anbieten um ihren Beitrag zur Erleichterung der Probleme der heutigen Jugend zu leisten. Mit dem Modellprojekt "Verbandsjugendhaus" stellte er ein Konzept vor, bei dem im Haus die einzelnen Leiter der Gruppen wohnen und für die jungen Verbandsmitglieder ständige Ansprechpartner sind, wo Werk- und Hobbyräume zur Ausübung musischer und gestalterischer Tätigkeiten vorhanden sind, wo Hausaufgabenhilfe geleistet werden kann. Auf der Suche nach einem geeigneten Gebäude sei man, so Vorsitzender Fritz auf ein 1200 qm großes Grundstück mit einem derzeit unbewohnten Haus mit 400 qm Wohnfläche in Rheinau gestoßen, dass ideal für die geplante Arbeit scheint. Seinen Vorstellungen nach soll die Stadt das Haus kaufen und unter entsprechenden Modalitäten den Pfadfindern zur Verfügung stellen. Dieses Haus wäre das schönste Geburtstagsgeschenk für die Organisation.

Das allerdings konnte an diesem Abend von den Vertretern der Stadt nicht zugesagt werden. Das Fest ging weiter mit einem selbstgedrehten Film über das Pfingstlager 1979. In der darauffolgenden Pause konnte sich jung und alt auf das riesige kalte Buffet stürzen, das von den Eltern der Pfadfinder zusammnegestellt wurde. Der Erlös kommt der Renovierung der Hütte des Verbandes im Odenwald zugute. Mit klassischen Pfadfinderliedern, die, trotzdem die Kinder und Jugendlichen keine Sing-Profis sind, schon anspruchsvolle Geschmäcker zufriedenstellten und die auch mit viel Beifall bedacht wurden ging die Veranstaltung ihrem Ende zu.