Kote, Stockbrot und Fahrtenlieder

 

Ein Hauch von Abenteuer ist da schon dabei, wenn es beim Pfadfinderbund Mannheim heißt: die Rücksäcke gepackt, die Zelte zusammengelegt und auf zum Ferienlager. Denn was es bedeutet, als Kind im Alter von zehn bis dreizehn Jahren so völlig ohne Eltern und mitten in der Pampa das "wildlife" zu proben, weiß wohl nur derjenige, der's auch schonmal gemacht hat. Das ist schon eine Mordarbeit, bis die Zelte mit dem Rauchabzug, die sogenannten Koten, bewohnbar sind, bis die Abflussrinne gegraben und der lebensnotwendige "Donnerbalken gezimmert ist. Aber es macht Spaß und wer nach getaner Arbeit sein Stockbrot über der Glut bräunt, ist für die Mühsal reichlich entschädigt.

Einmal im Monat rüsten sich die Mannheimer "Pfadis" zum Kurzausflug und an Pfingsten oder Ostern stehen schon mal Portugal oder die Toscana auf dem Programm.

Aber auch zuhause in ihrem Domizil, dem großzügigen Bundeshaus in G 7, 41, gibt's wohl keinen Grund zur Langeweile. Wöchentlich treffen sich die insgesamt acht Gruppen in den Kellerräumen des Gebäudes, singen ihre Fahrtenlieder, hecken spannende Spiele aus und bereiten sich gemeinsam auf bevorstehende Lager vor. Der nächste Ausflug steht beispielsweise unter dem Motto "Räuberlager", wobei der Organisationsphantasie keine Grenzen gesetzt sind. Sogar ein Fotolabor steht den "Pfadis" zur Verfügung, wo sie nach Herzenslust lernen können, ihre eigenen Bilder zu entwickeln und zu vergrößern.

Das Haus in G 7 ist ohnehin eine ganz besondere Sache: es gehört nämlich dem Mannheimer Pfadfinderbund. Im Jahre 1981 hatte es der "Bundesrat" um Thomas Höge reichlich satt, ständig mühsam nach Räumen zu suchen, in denen die Gruppenstunden abgehalten werden konnten. Also wurde kurzerhand ein Förderverein gegründet und nach einiger Zeit war dank den Spenden der Etat so groß, dass man gleich ein ganzen Haus erstand.

Wenig zu renovieren gab's nach dem kauf sicherlich nicht: da mussten die Leitungen erneuert werden, die Heizungen lagen danieder und die Fenster waren auch nicht mehr als zügige Fragmente. Inzwischen trägt sich das "Bundeshaus" im neuen Glanz selbst durch die Mieten und Zuschüsse der Stadt - die allerdings zusehends abbröckeln.

In der sogenannten "Bundeswohnung" exerzieren die Gruppenleiterrunden sporadisch das "Junggesellenleben" und treffen sich zur Planung der künftigen Vorhaben.

Dass der nicht konfessionell gebundene und nationalitätenübergreifende Pfadfinderbund Mannheim auch übervereinsmäßige Aktionen anleiert, hat er im Januar 93 bewiesen: über 100 weitere Pfadfinderbünde wurden zusammengetrommelt um in der "Zeit" eine große Anzeige gegen Ausländerfeindlichkeit zu veröffentlichen. Der verbleibende Rest des gesammelten Geldes ging an amnesty international.

Wer mal reinschnuppern will in eine "Horte", wie sich die einzelnen Gruppen nennen, bekommt in G 7, 41 gerne Auskunft.